Begegnungen in Ghana

„Anidaso“ bedeutet Hoffnung und ist der Name des im Lippetal ansässigen Vereins Anidaso Ghana e. V.

Gegründet wurde dieser Verein im Jahre 2012 mit dem Ziel, Menschen in Ghana mehr Hoffnung für ihre Zukunft zu schenken. Das Hauptprojekt ist dabei das Anidaso-Haus vor den Toren der Hauptstadt Accra, in dem Straßen- und Waisenkinder ein Zuhause finden, Zuwendung und Fürsorge erfahren und bis zum Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Studiums begleitet werden. Dieses Haus wurde ausschließlich mithilfe von Spenden erbaut und im Jahr 2016 eröffnet.

Der Erlös des ehemaligen Eine-Welt-Ladens St. Nikolai, die Kollekten der Gottesdienste der Frauenpastoral St. Nikolai, das Krippengeld der Krippe der St. Nikolai-Kirche sowie der Erlös des Verkaufs der Eine-Welt-Produkte im Pfarrbüro kommen dem Verein Anidaso Ghana e. V. zugute. Für all diese Zuwendungen sagt der Verein an dieser Stelle „Herzlichen Dank“, denn ohne diese Unterstützung wäre die vielfältige Hilfe in den unterschiedlichen Projekten in Ghana nicht möglich.

Im Februar machte sich eine Gruppe von acht Personen auf den Weg, um die Partnerprojekte in Ghana zu besuchen. Mit dabei waren unsere Gemeindereferentin Marie-Luise Bittger und ihr Ehemann Rainer (Kassenwart des Vereins), Ulla Nippel (Vereinsvorsitzende), Pastor Ludger Eilebrecht aus Möhnesee (früher Pfarrdechant im Pastoralverbund Corvey) sowie vier weitere Gäste.

Nach einer langen Besuchspause wegen der Corona-Pandemie war die Freude entsprechend groß, alle Freunde und vor allem die Kinder wiederzusehen.

Gerade bei den Kindern des Anidaso-Hauses lassen sich die Veränderungen und Entwicklungen der vergangenen Jahre am deutlichsten feststellen.

Einige der Kinder haben das Haus inzwischen verlassen. Sie haben bereits eine Ausbildung abgeschlossen oder besuchen weiterführende Schulen außerhalb von Accra und kommen nur in den Ferien nach Hause. Andere warten noch auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz und einige neue Kinder sind hinzugekommen.

Das Vorstandsteam führte zahlreiche Gespräche mit dem Ehepaar Cudjoe, welches das Haus leitet, um die Arbeit zu reflektieren und um Ideen oder auch Sorgen auszutauschen.

Die steigenden Kosten in Ghana sind eine große Herausforderung und neben den monatlichen Beträgen für Nahrungsmittel, Kleidung, Schulgebühren, Schulkleidung und medizinische Versorgung kommen laufende Kosten für die Instandhaltung des Hauses hinzu.

Frau Cudjoe betreibt nebenbei einen Catering-Service. Sie bereitet das tägliche Schulessen für eine Grundschule zu und bietet ghanaische Spezialitäten für Hochzeiten oder Beerdigungen an. Mit diesen Einnahmen trägt sie ein wenig zum Unterhalt des Hauses bei.

Als besondere Bereicherung erlebte die Delegation aus Deutschland die Beschäftigung mit den Kindern. Neben Malen, Basteln, Spielen und Singen gaben die Kinder Einblick in ihre täglichen Aufgaben und zeigten der Reisegruppe vor allem das Zubereiten unterschiedlichster Nahrungsmittel. Hierbei ist viel körperlicher Einsatz, Kraft und Ausdauer gefragt.

Die Gespräche mit den Kindern und Jugendlichen über ihr Zusammenleben im Anidaso-Haus sowie über ihre Träume und Zukunftswünsche zeugen davon, dass sie sich wie eine große Familie fühlen, in der jeder für jeden da ist.

Ein gemeinsamer Ausflug zum Schwimmen ist für die Kinder immer das größte Ereignis. Vor Antritt der Fahrt forderte ein kleines Mädchen alle Mitfahrenden zum gemeinsamen Gebet auf. Der Glaube spielt eine große Rolle im Leben der Ghanaer und die Freude am Glauben ist in den Gottesdiensten spürbar. Sie findet Ausdruck in fröhlichem Gesang und Tanz. Tanzend und wiegend bewegt man sich beim Opfergang nach vorne zum Altar, um seine Gabe in einen großen Behälter zu legen und die fröhliche Musik hält niemanden auf seinem Platz.

Besonders berührend sind die Besuche in Ashaiman, Accras größtem Armenviertel, wo vor Jahren das erste Kinderheim seinen Anfang nahm.

Eine große Verbundenheit besteht noch immer zum Besitzer des Hauses, in dem Gabriel Cudjoe damals drei Räume gemietet hatte und sich dort zusammen mit seiner Mutter um immer mehr Straßenkinder gekümmert hat. Die Enge und das soziale Umfeld machten den Neubau und Umzug ins Anidaso-Haus nötig.

In der dortigen Nachbarschaft besuchten die Gäste aus Deutschland eine junge Frau, der durch Anidaso Ghana e. V. eine Ausbildung zur Friseurin ermöglicht wurde und die jetzt ihren eigenen winzigen Friseur-Salon eröffnet hat. Es ist schön zu erleben, dass junge Menschen ihren Weg gefunden und sich eine eigene Existenz aufgebaut haben. Sämtliche Nachbarn und Nachbarskinder strömten zusammen, um den Besuch zu sehen und es war ein intensives und fröhliches Miteinander.

Dazu Pastor Eilebrecht: „Schnick, Schnack, Schnuck kennt man zum Glück überall auf der Welt. So kommt man mit den Kindern schnell in Kontakt.“

Ein Höhepunkt der Reise war sicherlich die Wiedereröffnung des Prinel Medical Centers von Dr. Prince. In Ashaiman betreibt er dieses Gesundheitszentrum, um den Menschen vor Ort eine kostengünstige medizinische Versorgung zu gewährleisten. Dazu hatte er vor Jahren sein Elternhaus umgebaut.

Nach dem Erhalt eines gebrauchten Röntgengeräts aus Deutschland war die Erweiterung der kleinen Klinik nötig geworden. Der bisher notdürftig überdachte Innenhof des Gebäudes wurde nun mit in das Gebäude integriert und alles hat eine stabile Decke erhalten. Ein ausgedienter Container wurde vor das Haus gesetzt und umfasst ein winziges Labor sowie ein Wartezimmer. Der Entbindungs- und OP-Bereich wurde umgestaltet und die Klinik erfüllt jetzt einen gewissen Standard. Die Umbaumaßnahmen wurden maßgeblich durch die Unterstützung durch den Verein Anidaso möglich.

In einer bewegenden Feierstunde wurde die Wiedereröffnung begangen, an der viele Gäste teilnahmen. Verschiedene Festredner gratulierten Dr. Prince zu diesem Lebenswerk und eine kleine Andacht, gestaltet durch Pastor Eilebrecht, rundete die Feier ab. Auch Musik und Tanz sowie ghanaisches Essen trugen zu einer sehr gelungenen Veranstaltung bei.

Als Einweihungsgeschenk wurde Dr. Prince vom Vorstandsteam ein neues mobiles Ultraschallgerät überreicht, durch das die zukünftigen diagnostischen Möglichkeiten noch einmal mehr verbessert werden.

Das zum größten Teil von verschiedenen Rotary-Clubs finanzierte Krankenwagenprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg hat sich inzwischen gut etabliert und die Ambulanzen werden häufig angefragt.

Herr Prof. Dr. Brunn von der Universität Würzburg war ebenfalls zu Gast und wird dieses Projekt weiterhin begleiten.

In der zweiten Woche konnte die Reisegruppe noch vier Tage Pfarrer Martin Muosayir im Norden Ghanas besuchen.

Neben seinem Dienst als Gemeindepfarrer der Gemeinde St. Theresa in Damongo arbeitet er auch noch als Generalvikar der Diözese Damongo.

In interessanten Gesprächen hat er über seine oft schwierige Arbeit berichtet, denn die Lebensumstände und klimatischen Bedingungen im Norden des Landes sind weitaus schwieriger als in der Nähe der Hauptstadt. Davon zeugten Besuche in manchen Einrichtungen der Gemeinde. Besonders der Besuch des Krankenhauses hinterließ einen nachhaltigen Eindruck und stimmte die Reisegruppe sehr nachdenklich. Mit minimalsten Hilfsmitteln wird hier versucht, den Patienten eine medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Medikamente stehen nur in sehr geringem Umfang zur Verfügung und in mancher Abteilung konnte man ahnen, dass die Patienten hier großes Leid ertragen müssen.

Bei den Gesprächen, auch mit dem Bischof der Diözese, wurde deutlich, dass die Gemeinde in naher Zukunft einen Kindergarten benötigt. Zurzeit werden dafür Räume in einer Schule genutzt, die aber ab Sommer für die Schüler zur Verfügung stehen müssen.

Ein Besuch dieser Schule überzeugte die Reisegruppe, dass hier finanzielle Unterstützung gefragt ist. Es gibt weder Wasser noch Strom und die momentanen Räume für die Kindergartenkinder sind für die Anzahl an Kindern viel zu klein.

Abgerundet wurde der Aufenthalt im Norden durch den Besuch der ältesten Moschee Ghanas in Larabanga sowie des nahe gelegenen Mole-Nationalparks. Ein Ranger begleitete die Gruppe teilweise zu Fuß durch das Gelände, um Elefanten sehr nahekommen zu können, die einen tiefen Eindruck bei den Besuchern hinterließen.

Neben den vielen offiziellen Terminen gab es aber auch Zeit, Land und Leute kennenzulernen. So konnten die Besucher aus Deutschland eine Werkstatt besuchen, die aus Altglas wunderschönen Perlenschmuck herstellt. Außerdem gab es die Möglichkeit, einem Sargbauer über die Schultern schauen, denn das Aussehen der Särge in Ghana hat immer etwas mit dem Leben der Verstorbenen zu tun und so entstehen sehr individuelle Särge.

Die bunten, schillernden, übervollen Märkte, auf denen man vom Maggi-Brühwürfel über Obst, Gemüse, Gewürze, Fleisch und Fisch bis hin zu Seife, Kleidung, Stoffen oder Einrichtungsgegenständen alles für den täglichen Bedarf findet, lassen einen eintauchen in eine andere Welt.

Diese Märkte sind sehr geschäftig und laut. Sie bieten ein Potpourri an Gerüchen. Es ist eng und man muss aufpassen, nicht von Transportkarren angefahren zu werden.

Doch was für uns so faszinierend scheint, bedeutet für die Menschen dort täglicher Kampf ums Überleben. Die Frauen sitzen sieben Tage die Woche viele Stunden in der Hitze auf dem Markt und bringen abends nur wenig Geld mit nach Hause. Und sie schleppen schwere Lasten über weite Strecken auf dem Kopf: Einkäufe, Feuerholz und Wasser. Der Dreck, in dem die Menschen leben müssen, ist unbeschreiblich, die Hütten sind winzig und die offenen Abwasserkanäle für unsere Nasen manchmal kaum zu ertragen.

Aber trotz allem spürt man hier auch immer wieder eine große Lebensfreude. Gute menschliche Kontakte sind überlebenswichtig. Man teilt das wenige, was man hat, Musik erklingt aus allen Ecken und es findet sich zwischendrin garantiert ein Plätzchen zum Tanzen, was bei allen ein Lachen aufs Gesicht zaubert.

Hinter den Teilnehmern der Reise liegen unvergessliche Wochen mit wunderbaren Begegnungen, konstruktiven Gesprächen, besonderen Erlebnissen und vielen schönen Erfahrungen, für die alle sehr dankbar sind.

Weiter Informationen über den Verein Anidaso Ghana e. V. erhalten Sie unter

www.anidaso-ghana.de