„Wachet und betet allezeit“

Krippe in St. Nikolai

Krippe in St. Nikolai

„Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und
ratlos sein.“ (Lk 25,25)

Im Advent hören wir oft Texte der Bibel, die vom Ende handeln. In vielen Bildern werden Weltuntergang und Gericht geschildert.
Vielleicht kann man die Bilder vom Gericht so verstehen, ohne andere Aspekte außer acht zu lassen: Gericht ist nicht das Ereignis des Hin-Richtens – als Vernichtung des Schuldigen, sondern das Ereignis des Her-Richtens – als Wieder-in-Ordnung-Bringen. Was durch menschliche Willkür und Sünde zerstört ist, wird zu recht gerückt.

Vom Her-Richten, vom Wieder-in-Ordnung-Bringen sprechen die Schrifttexte des Advent: Der Prophet Jeremia drückt seine Hoffnung auf einen „gerechten Sproß“ aus dem Haus Davids aus. „Er wird für Recht und Gerechtigkeit sorgen im Land.“ (Jer 33,15) Jesus spricht im Lukasevangelium von dem Tag, an dem der Menschensohn „in Macht und Herrlichkeit“ kommen wird – an diesem Tag sollen die Menschen sich aufrichten, ihre Häupter erheben – denn die Erlösung ist nahe (Lk 21,27-28). Hier wird deutlich, dass es Jesus um das Gericht auch als Zurechtrücken, als Befreiung, als Erlösung geht.

Warum aber diese frohe Botschaft in solchen apokalyptischen Bildern? Vielleicht vornehmlich deshalb, weil sie die Endlichkeit der Welt zeigen: Unser Leben hat ein Ende. Das Wann ist allerdings unserem Wissen entzogen. Darauf möchte Jesus vorbereiten, wenn er zur Wachsamkeit aufruft. Wachsamkeit ist die Grundhaltung des Advent: Wachsamkeit nimmt das Leben ernst. Jeder Mensch ist wichtig, jeder Tag, jede Stunde.

„Wachet und betet allezeit“ ist der Aufruf zu einem solchen bewussten Leben: In der Überfülle der Angebote bewusste Entscheidungen treffen. Das eigene Leben mit den Augen Jesu, mit den Augen Gottes sehen: Er will Mensch werden und bei uns wohnen. „Richtet euch auf und erhebt eure Häupter“ (Lk 21,28) – das sind Worte, die auch in schweren Zeiten Mut machen: „Denn eure Erlösung ist nahe“ heißt es weiter. In diesem Glauben spricht der Prophet Jeremia in einer dunklen Zeit für sein Volk die Verheißung: „In jenen Tagen … werde ich für David einen gerechten Sproß aufsprießen lassen … In jenen Tagen wird Juda gerettet werden.“ Und der Name Jesus, auf dessen Geburtsfest wir uns in diesen Tagen vorbereiten, heißt in unsere Sprache übersetzt: Gott rettet.

In diesem Sinne wünscht Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit!

Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek